Fotos: LTBW

Am Morgen des 20. März wurden die Schülerinnen und Schüler der Berufsschulklasse 2PD01V, angehende Personaldienstleistungskaufleute, von einer Mitarbeiterin der Landeszentrale für politische Bildung Freiburg und dem Besucherdienst des Landtags herzlich in Empfang genommen und zum neuen Besucher- und Medienzentrum des Landtages geführt. Begleitet wurde die Klasse von Fachlehrerin Frau Woletz.

Als Erstes stand ein Austausch mit drei weiblichen Abgeordneten des Landtages auf der Tagesordnung, hierzu eingeladen und anwesend waren Frau Alena Trauschel (FDP), Frau Katrin Steinhülb-Joos (SPD) und Frau Stefanie Seemann (Grüne). Das Tagesthema „Geschlechtliche Gleichberechtigung und Lösungsansätze für deren Umsetzung“ wurde direkt aufgegriffen. Bei der Nennung konkreter Zahlen und beim Aufzeigen entsprechender Statistiken wurde schnell deutlich, dass der Landtag an manchen Stellen nur mit Mühe als Spiegelbild bzw. ausgeglichene Vertretung des Landes Baden-Württemberg gesehen werden kann. Sowohl innerhalb dieser Instanz als auch bei der Betrachtung der Mitgliederinnen und Mitglieder der jeweiligen Parteien fiel auf, dass Frauen deutlich in der Minderheit sind. Um dieses Problem zu beheben brachten die Abgeordneten unterschiedliche Vorschläge zur Diskussion. So berichtete Frau Seemann über den langjährigen und erfolgreichen Einsatz paritätischer Listen bei den Grünen. Auch Frau Steinhülb-Joos von Seiten der SPD konnte über die Quotenregelung bei der SPD berichten. Als junge FDP- Frau lehnt Frau Trauschel die Quotenregelung eher ab und möchte sich vorrangig dafür einsetzen junge Frauen für Politik und Engagement bei der FDP zu begeistern. Auch die Schülerinnen und Schüler der Berufsschule bekamen die Möglichkeit, sich durch Meinungen oder Fragen in dieses Gespräch einzubringen. Obwohl die Begründungen und Methoden zur Behebung sich teilweise deutlich unterschieden, waren sich in einem Punkt doch alle einig: Ein Frauenanteil von nur 29,5% im Landtag stellt ein nicht hinnehmbares Ungleichgewicht dar, das zeitnah zum Beispiel mittels des neuen Wahlrechts zum Landtag behoben werden muss.

In der zweiten Hälfte des Vormittags nahm sich die Landtagspräsidentin, Frau Muhterem Aras, Zeit um den Schülerinnen und Schülern von ihrem persönlichen Werdegang und ihrem Amtsverständnis zu berichten. Sowohl ihr Geschlecht als auch ihre Herkunft haben ihr den Weg zu ihrer jetzigen Position erschwert. Sie ist nicht nur Präsidentin des Landtages, sondern auch die erste deutsche Muslimin in diesem, sowie die erste Frau in ihrem Amt. Die Basis dafür schuf das Abitur, das sie an einem Stuttgarter Wirtschaftsgymnasium absolvierte, ein erstes Etappenziel, das auch viele Schülerinnen und Schüler der LLS jährlich erreichen. Doch auch heute noch muss sich Frau Aras ihren Erzählungen zufolge mit Kritik auseinandersetzen, die nicht auf ihren politischen Ansichten oder Entscheidungen basiert. Sie nutzte die Gelegenheit, um gezielt die jungen Frauen der Berufsschulklasse anzusprechen, ihnen Mut zu machen und sie darin zu bekräftigen, sich für ihre Wünsche und Ziele im Leben immer stark zu machen.

Nach einer Pause und einem Mittagessen in einem italienischen Restaurant ergab sich zu Beginn der zweiten Programmhälfte die Gelegenheit den Plenarsaal des Landtages dank einer Führung des Besucherdienstes zu besichtigen. Die Sitzordnung und Aufteilung wurden verständlich erläutert, anschließend wurde das eindrucksvolle Ambiente gleich noch für einige Fotos der 2PD01V genutzt.

Als letzter Punkt auf der Tagesordnung stand nun noch ein Streitgespräch mit dem Thema „Mehr Frauen in Führungspositionen durch Quoten?“. Geführt wurde dieses Gespräch von Frau Sarah Zickler, Unternehmerin und Geschäftsführerin als Vertretung des liberalen Mittelstandes und Frau Manuela Rukavina, einer langjährig führenden Vertreterin des Frauenverbandes. Das moderierte Streitgespräch stellte sich als überraschend friedlich und einstimmig heraus. Zwar sprach sich Frau Zickler als überzeugte FDP’lerin gegen die Einführung und Durchsetzung von Quoten aus, während Frau Rukavina vor dem Hintergrund ihrer langjährigen politischen Frauenarbeit und vielfältigen Beratungsaufträgen in wirtschaftlichen Unternehmen, dafür aussprach. In der Beurteilung der Datenlage, z.B. dem niedrigen Anteil an Frauen in hohen Positionen, den Ursachen und den Stellschrauben an denen angesetzt werden muss, um eine Veränderung herbeizuführen, waren sich die beiden Vertreterinnen aber einig. Bei einer abschließenden Fragerunde konnten die angehenden Personaldienstkaufleute der LLS auch ihre Erfahrungen aus dem eigenen Berufsalltag einbringen, indem sie darlegten, dass sie über die berufliche Zukunft von Bewerberinnen und Bewerbern aus diversen Personengruppen bei einem Einstellungsgespräch mitentscheiden.
Die substanzielle Aussage war schließlich die Feststellung, dass die Ebenen Politik, Wirtschaft und Arbeitnehmer sowie Familien alle zusammenarbeiten müssen, da sie voneinander abhängig sind und nur so zu einer befriedigenden Lösung zur Frage der Gleichberechtigung von Frauen kommen werden.

 Geschrieben von Vincent Sussmann aus der Klasse 2PD01V

Überarbeitet von Fachlehrerin Gemeinschaftskunde Gabriele Woletz